Deutschlands Pläne für LNG-Infrastruktur sind überdimensioniert
Nachdem in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Lubmin die ersten LNG-Terminals Deutschlands bereits eröffnet wurden, sollen nun am Industriehafen von Mukran bei Sassnitz und in Stade zwei weitere schwimmende Anlagen in Betrieb gehen. Bedenken gibt es nicht nur seitens Umweltschützerinnen und Umweltschützer, sondern auch wirtschaftliche. Durch die riesigen Anlagen werden vorprogrammierte Überkapazitäten an flüssigem Erdgas gefördert. Das birgt weitreichende Umweltrisiken, aber vor allem auch hohe Kosten für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.
Nicht nur die Menschen auf Rügen kritisieren, dass neben den ökologischen Auswirkungen des Baus und des Betriebs der Anlage eine energiepolitische Notwendigkeit überhaupt nicht gegeben sei. Die momentan geplanten Terminals verfügen über eine Importkapazität, die weit über den Mengen liegt, die aus Russland ersetzt werden müssen. Ein Gutachten des Hamburger Beratungsbüros Energy Comment kommt zu dem Schluss, dass die elf geplanten Terminals insgesamt 80 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas liefern könnten. Damit könne der gesamte aktuelle Gasbedarf von Deutschland gedeckt werden. Wirtschaftsinstitute wie das EWI Köln haben der Bundesregierung bescheinigt, dass eine ausreichende Gasversorgung auch mit jährlichen LNG-Einfuhren in Höhe von 47 Milliarden Kubikmetern garantiert werden kann und dementsprechend weniger Terminals nötig seien.
Da auch andere europäische Länder LNG-Terminals massiv ausbauen und zusätzlich Pipeline-Gas vor allem aus Norwegen nach Deutschland fließt, hat Deutschland für die nächsten Jahrzehnte mehr Gas zur Verfügung, als für Industrie und Haushalte in Zukunft nötig ist. Die geringe Auslastung der Terminals wird also in Zukunft mit sinkender Nachfrage noch verschärft und stellt damit ein Investitionsgrab für öffentliche Gelder dar. Die Festlegung auf fossile Infrastruktur bindet außerdem Gelder, die für den Ausbau von erneuerbarer Energie nötig wären und verursacht enorme Mengen an CO2- und Methan-Emissionen.
Hinzu kommt, dass wichtige Umweltverträglichkeitsprüfungen durch Schlupflöcher und Ausnahmeregelungen aufgeweicht worden sind. So wird zum Beispiel in Wilhelmshaven das Terminal-Schiff "Höegh Esperanza"eingesetzt, das zuvor in Australien durch den Prüfungsprozess gefallen war. Grund war das Chlor-Wassergemisch, das bei der Rückverwandlung von Flüssiggas in einen gasförmigen Zustand genutzt, und danach zurück ins Meer geleitet wird. Daraufhin wurde das komplette LNG-Terminal dort nicht umgesetzt. Dieses Schiff liegt nun in unmittelbarer Nähe zu einem großen Badestrand und dem Wattenmeer. Eine langfristige Versorgungssicherheit in Deutschland kann nur durch weniger Abhängigkeit von fossilen Energieträgern erhöht werden.