Die Gas-Lobby wird auch durch unsere Stadtwerke finanziert

Kommunale Stadtwerke kümmern sich darum, dass Strom, Gas, Wärme und Wasser in unsere Wohnungen fließen, entsorgen unseren Müll und betreiben oft auch ÖPNV, Schwimmbäder und Krankenhäuser. Als „letzte Meile“ kommt ihnen und den anderen regionalen Versorgern eine zentrale Bedeutung auf dem Weg Deutschlands zur Klimaneutralität 2045 zu. Ihre Bereitschaft, aus der fossilen Versorgung auszusteigen und den Ausbau regenerativer Quellen gezielt voranzutreiben, entscheidet darüber, wie schnell und nachhaltig die Energiewende gelingt.

Doch die Realität zeigt: Nicht alle Stadtwerke verfolgen dieses wichtige Ziel mit dem nötigen Nachdruck. Denn Gas weiter an Privathaushalte und Industrie zu verkaufen, spült viel Geld in die Kassen der Stadtwerke und sichert die Rentabilität ihrer bestehenden Gasverteilnetze. Vor allem Stadtwerke, die zu großen Energiekonzernen gehören, haben ein entsprechendes Interesse. Denn eines steht fest: Kommt die flächendeckende Umstellung von Gas- und Ölheizungen auf elektrische Wärmepumpen, werden die bestehenden Erdgasnetze kaum noch gebraucht. Gemeinsam mit Organisationen wie dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), dem Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) und dem Branchenverband „Zukunft Gas“, beeinflussen die Energiekonzerne seit Jahrzehnten politische Entscheiderinnen und Entscheider pro Gas und entkernten so unter anderem das ursprünglich klimapolitisch ambitionierte Gebäudeenergiegesetz (auch „Heizungsgesetz“ genannt).

Kofinanziert wird das Lobbying auch von einigen Stadtwerken – als zahlende Mitglieder, etwa bei “Zukunft Gas”. Hier setzen also kommunale Einrichtungen Gelder ein, um Lobbyistennetzwerke und deren Werbekampagnen sowie Studien zu unterstützen. Aussagen über ihre Mitgliedschaften halten viele daher lieber in der Schwebe: Auf Nachfrage der Redaktion von CORRECTIV nach ihren Mitgliedschaften und der Höhe der Zuwendungen reagierten die meisten verschlossen und intransparent. Die gute Nachricht: In den letzten Monaten sind einige Stadtwerke ausgetreten, da sich die Ziele des gaspositiven Verbands nicht mehr mit den ihren vereinen ließen.

Der Lobbyverband “Zukunft Gas” beschränkt seine Aktivitäten nicht nur auf Erdgas, sondern ist mittlerweile auch ein großer Verfechter von LNG-Importen sowie der Nutzung von Wasserstoff als neue Brückentechnologie. Der Verband kommuniziert, dass die bestehende Erdgas-Netzinfrastruktur klimaneutral und mit Wasserstoff weiter nutzbar sei. Weiter wird vermittelt, dass der deutsche Gasmarkt in absehbarer Zeit zum "europäischen Wasserstoff-Drehkreuz" werden könne. Diese Vision wird von vielen Stadtwerken gern verteidigt, da sie als Besitzer der Verteilnetze per se an deren Bestand und Ausbau interessiert sind. Die Nutzung von Wasserstoff oder Gemischen aus Gas und Wasserstoff werden daher von vielen kommunalen Versorgern gegenüber der Bevölkerung als reale Perspektive zum Heizen verkauft. Zahlreiche Expertinnen und Experten, für die der Einsatz von Wasserstoff in Privathaushalten nichts anderes als Wunschdenken ist, steht dieses Fehlurteil wegen des hohen Energieaufwands und der enormen Kosten dieses Energieträgers im Gegensatz zu den Fakten.

Neben denjenigen, die die Weiternutzung von Gas verteidigen, gibt es auch viele zukunftsgerichtete kommunale Stadtwerke, Ökostromanbieter und Akteure aus dem Bereich der Bürgerenergie, die sich seit längerem für eine klimafreundliche Energiewende einsetzen. Denn die kosteneffiziente Einbindung erneuerbarer, dezentraler Energiequellen sorgt dafür, dass die Stadtwerke ihrem Auftrag der öffentlichen Daseinsvorsorge gerecht werden. Und nicht der Gewinnmaximierung großer Energiekonzerne.